Monday, February 17, 2014

Für den christlich-jüdischen Dialog: Die Ecumenical Fraternity

Erschienen in »Seht den Feigenbaum«, Nr. 309 - Jan/Feb 2014 (www.feigenbaum.de)

(RK) Die Ecumenical Fraternity ist eine der wenigen christlichen Einrichtungen, die in der Lage zu sein scheint, die Einheit unter den Christen in Israel zu fördern. Sie umfasst die verschiedenen Richtungen der Protestanten, Katholiken und Orthodoxen. Die deutsche Pfarrerin Frau Dr. Petra Heldt ist seit 1987 die Direktorin der Fraternity. Ihr wurde 2013 ein Preis vom Knesset-Ausschuss für christliche Angelegenheiten verliehen, der die Fraternity als besonders lobenswerte christliche Arbeit im Land auszeichnet. Im Rahmen unseres Besuchs 2013 in Israel hatten wir die Möglichkeit, mit Frau Dr. Heldt über die Arbeit der Fraternity zu sprechen:

Frau Heldt, was bedeutet der Name Ecumenical Fraternity und was verbirgt sich dahinter?
Der korrekte Name der Einrichtung lautet: »Ecumenical Theological Research Fraternity in Israel« was so viel bedeutet wie Ökumenische Theologische Forschungsgemeinschaft in Israel. Gegründet wurde sie 1966 als Umsetzungsorgan der Erklärung »Nostra Aetate« zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden, die ein Jahr zuvor beim Zweiten Vatikanischen Konzil verlesen wurde. Diese Erklärung distanziert sich von der Ersatztheologie und bestätigt, dass der Bund mit Israel nicht aufgehoben ist. Der Theologe Karl Barth kommentierte es so: »Die ökumenische Bewegung wird durch den Heiligen Geist geleitet, aber vergessen Sie nicht, dass es dabei nur um eine wirklich wichtige Frage geht: Unsere Beziehung zu Israel.« Offensichtlich hält Barth die Heilung des uralten Risses zwischen Juden und Christen für die bedeutendste Aufgabe der Ökumene. Diese Art biblischer Ökumene bezieht sich darauf, dass Juden und Christen der weitaus größte Teil der Schriften der Bibel gemeinsam ist. Der Gründer der Fraternity, Peter Schneider lud damals alle Kirchen ein, gemeinsam in der Fraternity zu arbeiten. Der Einladung folgten die katholische, evangelische, anglikanische und die lutherische Kirche, ferner Benediktiner, Jesuiten, Dominikaner und die Zionsbrüder. Vor ca. 20 Jahren kamen auch die orthodoxen Kirchen mit dazu.

Wem gegenüber ist die Fraternity verpflichtet?
Die Fraternity ist nur der Generalversammlung der ca. 70 Mitglieder, die aus Vertretern der Kirchen besteht, verpflichtet. Die Arbeit war und ist von Anfang an unabhängig, d. h. wir sind weder dem Weltrat der Kirchen, noch dem Vatikan oder sonst jemandem verpflichtet. Das hat den großen Vorteil, dass wir völlig frei agieren können und nicht auf politische oder sonstige Entwicklungen in den Kirchen Rücksicht nehmen müssen. Allerdings hat diese Unabhängigkeit den Nachteil, dass die Fraternity keine Gelder von diesen Institutionen erhält. Die Arbeit geschieht vollkommen ehrenamtlich und ist auf Spenden angewiesen.

Was ist das Ziel der Fraternity?
Wir möchten den Kirchen helfen, wieder zu den jüdischen Wurzeln zurückzufinden. Leider spielen Zeitgeist und politisches Kalkül in den Kirchen immer mehr eine Rolle. Wir sehen unsere Aufgabe darin, Hilfestellung zur Orientierung am Wort Gottes, der Lehre Jesu und den jüdischen Wurzeln zu geben. Ferner möchten wir dabei unterstützen, die christlichen Beziehungen zu Juden, Judentum und Israel zu vertiefen. Wir sehen uns auch als eine Art Katalysator im christlich-jüdischen Dialog und für Versöhnung weltweit. In der Ecumenical Fraternity haben wir die Erfahrung gemacht, dass zusammen mit dem christlich-jüdischen Dialog auch die innerchristliche Ökumene wächst. Heute nehmen Vertreter vieler jüdischer israelischer Einrichtungen und fast aller Kirchen Jerusalems an den Studien und Diskussionen in der Fraternity teil.

Wie sieht die praktische Umsetzung der Arbeit aus?
Zum einen veröffentlichen wir Aufsätze und Bücher und halten Vorträge, Seminare und Studienwochen. Diese finden hier in Israel statt, z. B. für Gruppen aus Deutschland, Frankreich, England oder den USA. Auch bin ich mehrmals im Jahr in Bibelschulen oder christlichen Gästehäusern zu Gast, um dort zu lehren. Im Rahmen ihrer Ausbildung unterrichte ich auch die israelischen Touristenführer zum Thema Christentum und christliche Lehre. Dabei erlebe ich oft, wie groß das Erstaunen ist, dass Jesus dieses oder jenes gesagt hat. Die Herausgabe der internationalen, wissenschaftlichen Zeitschrift »Immanuel« gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Fraternity. Diese hat die Forschung zur Förderung des Dialogs zwischen Christen und Juden zum Thema, sowie die Information über die Erfahrungen, die aus diesem Dialog gewonnen werden. Die Abonnenten sind neben Einzelpersonen auch Universitätsbibliotheken. Ein anderer Schwerpunkt der Arbeit ist das Gebet. In einem regelmäßigen Gebetsbrief werden unter anderem auch die Anliegen der verfolgten Christen im Nahen Osten aufgegriffen.
(Wer Interesse an dem Gebetsbrief hat, kann diesen über den Feigenbaum anfordern.)

Frau Heldt, die Fraternity unterstützt seit Jahren die syrisch-orthodoxen Christen in Bethlehem ganz praktisch. Wie helfen sie den Menschen dort?
Hauptsächlich die Kinder leiden unter der bedrückenden Situation. Im Sommer bieten wir deshalb regelmäßig Sommerlager für sie an, so dass sie auf andere Gedanken kommen, Gottes Wort hören und Freude beim Spielen und Basteln haben. An Weihnachten konnten wir knapp 200 Kinder mit einem Päckchen beschenken. Sie enthielten vor allem Schulsachen, die die Familien sonst selbst kaufen müssten, aber auch Schokolade. Wir versuchen auch so gut wir können, den Familien mit dem Schulgeld zu helfen. Denn wenn die Christen ihre Kinder nicht auf die staatliche moslemische Schule schicken möchten, ist eine kostenpflichtige Privatschule die einzige Alternative. Kürzlich wurde einem Elektriker sein komplettes Werkzeug aus dem Kofferraum des Autos gestohlen. Es ist ja sowieso schon schwierig als Christ Arbeit zu bekommen, aber ohne Werkzeug ist es aussichtslos. Aufgrund der Situation konnte die Familie die Miete nicht mehr bezahlen. Bevor Schlimmeres geschah hatte die Fraternity überraschend eine Spende erhalten, die sie an ihn geben konnte, so dass er sich neues Werkzeug kaufen konnte und nun wieder diverse Arbeiten ausführen kann.


Frau Heldt, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen für diese wichtige Arbeit viel Kraft und Gottes Segen.